Kalte Progression

Einführung

Haben Sie sich jemals gefragt, warum trotz einer Gehaltserhöhung weniger Geld in der Tasche bleibt? In Österreich sind die Preise für Waren aller Art seit einem Jahr um 8-12% gestiegen. Selbst wenn die Gehaltserhöhung dieser Inflation entspricht, haben wir weniger zum Leben als noch vor einem Jahr. Dieses Phänomen ist nicht nur auf die Inflation zurückzuführen, sondern auch auf einen weiteren Faktor, der als “kalte Progression” bekannt ist.

Kalte Progression

Was ist die kalte Progression?

Die kalte Progression ist ein wirtschaftliches Phänomen, das auftritt, wenn die Einkommensteuersätze nicht an die Inflation angepasst werden. Bei einer Gehaltserhöhung, die lediglich der Inflation entspricht, rutschen Arbeitnehmer in höhere Steuerklassen und müssen einen größeren Anteil ihres Einkommens an den Staat abgeben. Obwohl das nominale Einkommen gestiegen ist, kann das reale, kaufkraftbereinigte Einkommen sinken. Dieser Effekt wird als “kalte” Progression bezeichnet, weil er schleichend und oft unbemerkt eintritt.

Die kalte Progression führ dazu, dass wir trotz Gehaltserhöhungen immer weniger Geld zur Verfügung haben. Dies liegt an der Art und Weise, wie unser Steuersystem funktioniert. In Österreich ist unser Einkommensteuersystem progressiv gestaltet, was bedeutet, dass höhere Einkommen mit höheren Steuersätzen besteuert werden.

Bis zum Jahr 2022 konnten Sie bis zu 11.000 Euro pro Jahr verdienen, ohne Einkommensteuer zahlen zu müssen. Von diesen 11.000 Euro standen Ihnen also 11.000 Euro für Ihre Lebenshaltungskosten zur Verfügung. Für die nächsten 7.000 Euro, also Ihren Einkommensanteil zwischen 11.001 und 18.000 Euro, mussten Sie bereits 20% Steuern zahlen. Zwischen 18.001 und 31.000 Euro waren es 30% und in Extremfällen sogar bis zu 55%.

Beispiel

Um die Auswirkungen der kalten Progression und der Inflation auf Ihr Kaufverhalten zu verdeutlichen, nehmen wir ein einfaches Beispiel. Angenommen, Sie lieben Kürbisweckerl, die bisher 1,00 Euro gekostet haben. Mit einem Einkommen von 11.000 Euro konnten Sie 11.000 solcher Weckerl kaufen.

Jetzt steigt der Preis auf 1,12 Euro und Sie möchten Ihren Konsum nicht reduzieren. Sie bitten Ihren Arbeitgeber um eine Gehaltserhöhung von 12%. Dadurch steigt Ihr Einkommen auf über 11.000 Euro und plötzlich müssen Sie für den Teil Ihres Einkommens, der über 11.000 Euro liegt, Einkommensteuer zahlen.

Das bedeutet, dass von jedem zusätzlichen Euro Ihrer Gehaltserhöhung 20% an Steuern abgeführt werden müssen, sodass Ihnen nur noch 0,80 Euro für Ihren Lebensunterhalt bleiben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Sie Ihren Konsum etwas reduzieren müssen. Beachten Sie: Der Einkommensanteil bis zu den 11.000 Euro bleibt weiterhin steuerfrei!

Wie wirkt der Staat entgegen?

Das bedeutet, dass von jedem zusätzlichen Euro Ihrer Gehaltserhöhung 20% an Steuern abgeführt werden müssen, sodass Ihnen nur noch 0,80 Euro für Ihren Lebensunterhalt bleiben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Sie Ihren Konsum etwas reduzieren müssen. Beachten Sie: Der Einkommensanteil bis zu den 11.000 Euro bleibt weiterhin steuerfrei!

Um dieser Problematik entgegenzuwirken, hat der Gesetzgeber das Anti-Teuerungs-Entlastungspaket beschlossen. Mit diesem Paket wurde die Grenze für die Steuerfreiheit von 11.000 Euro auf 11.693 Euro erhöht. Das bedeutet, dass Sie erst ab einem Einkommen von 11.694 Euro Einkommensteuer zahlen müssen – und zwar nur für den Teil, der die 11.693 Euro übersteigt. Der Teil darunter bleibt natürlich steuerfrei. Dadurch kann Ihr Konsum bis zu einem gewissen Grad erhalten bleiben.

Fazit

Die kalte Progression ist ein wirtschaftliches Phänomen, das trotz Gehaltserhöhungen zu einer effektiven Reduzierung des verfügbaren Einkommens führen kann. Sie ist eine Folge der Kombination aus Inflation und progressivem Steuersystem. Obwohl Maßnahmen wie das Anheben der Steuerfreigrenze dazu beitragen können, die Auswirkungen der kalten Progression zu mildern, bleibt sie eine Herausforderung, die ein tiefgreifendes Verständnis und bewusste finanzielle Planung erfordert. Es ist daher wichtig, sich über die Auswirkungen der kalten Progression im Klaren zu sein und gegebenenfalls professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen.

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